Runder Tisch Pflege zum Thema Mobilität

Bei der jüngsten Ausgabe des Runden Tisches Pflege – Stadt und Landkreis Hof stand dieser Tage die Frage der Mobilität im Mittelpunkt. Genauer lautete das Thema: „Verbesserung der Mobilität älterer und nicht mobiler Menschen durch (Bürger)-Fahrdienste, um medizinischen und pflegerischen Versorgungsdefiziten im Hofer Land vorzubeugen. Bedarfe, bestehende Angebote und Umsetzungsmöglichkeiten im Hofer Land.“
Alexandra Puchta, Koordinatorin von der Leitstelle Pflege Hofer Land, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer: „Wir wollen netzwerken und Ideen sammeln – und dabei auch immer die Menschen im Blick haben, die keinen Transportschein zur Krankenbeförderung von ihrer Krankenkasse nutzen können. Denn: Mobilität ist die Grundvoraussetzung, um medizinische Versorgung in Anspruch nehmen zu können. Ohne Mobilität keine medizinische Versorgung. Dabei gilt es, auch neue, ungewöhnliche Lösungen zu denken.“
„Ich freue mich auf den Austausch, denn Stadt und Landkreis Hof sind beim Thema Pflege ein Vorreiter in Bayern: Zum einen ist das Engagement und die Zusammenarbeit der Kommunen, von Stadt und Landkreis, hier einzigartig. Zum anderen haben wir auch einen besonders hohen Anteil von pflegebedürftigen Personen in der Bevölkerung. Daher bin ich immer gerne hier, um zu lernen“, so Christian Müller, am Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention zuständig für Pflegethemen sowie die Förderrichtlinie Gute Pflege in Bayern.
Zum Netzwerktreffen, das vom Netzwerk Pflege Stadt und Landkreis Hof organisierten wurde, kamen neben zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern von Senioren- und Pflegeeinrichtungen, Trägern, Verbänden und kommunalen Seniorenbeauftragten auch Fachreferenten in der VHS Hofer Land zusammen. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Oberbürgermeisterin Eva Döhla und der stellvertretenden Landrätin Annika Popp, die die Bedeutung des Themas betonten und zur engeren Zusammenarbeit einluden.
„Die Fragen der Mobilität wird in der täglichen Arbeit immer wieder an uns herangetragen. Mobilität wird bereits vor Eintritt einer Pflegebedürftigkeit zu einem großen Thema“, so Oberbürgermeisterin Eva Döhla. Vorsitzende des Zweckverbandes Leitstelle Pflege Hofer Land.
„In Stadt und Landkreis Hof gibt es bereits viele unterschiedliche Initiativen und Angebote, sei es von privaten Trägern, Gemeinden oder dem Ehrenamt. Was wir brauchen, ist ein lebendiger Austausch, um auch voneinander zu lernen“, so die stellvertretende Landrätin Annika Popp.
Einige der bestehenden Angebote wurden im Rahmen einer Bestandsaufnahme vorgestellt:
Jörg von der Grün , Geschäftsführer des BRK Kreisverbandes Hof berichtete von aktuellen Herausforderungen im Bereich der Krankentransporte. Einrichtungsleiterin Sabine Dippold stellte den eigenen Fahrdienst der Hospitalstiftung vor, der vor einem Jahr mit Hilfe der Käte Feldmer Stiftung eingerichtet worden ist und derzeit noch über Kapazitäten auch für externe Einrichtungen verfügt. Ute Hopperdietzel von der Fachstelle für Pflege und Demenz stellte das Amt der „Ehrenamtlich tätigen Einzelpersonen“ vor, die ebenfalls Fahrten für die betreuten Personen durchführen können. Sebastian Kant, Geschäftsführer der Logistik Agentur Oberfranken präsentierte das Pilotprojekt „Hofer Landbus“ des Landkreises Hof, das die Lücken im Nahverkehrsnetz schließt. Dessen Fahrzeugpool wurde auch für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste ausgestattet und verfügt zudem über ein Fahrzeug zum Transport von Rollstuhlfahrern. Fahrgäste mit Behindertenausweis und Wertmarke G können den Hofer Landbus kostenlos nutzen.
Bereits bei dieser Vorstellungsrunde von bestehenden Angeboten aus der Region, die noch nicht allseits bekannt sind, gab es erste Aha-Erlebnisse im Publikum.
Zur Präsentation eines Best-Practice-Beispiels war Christopher Kaufmann aus Sundhausen im thüringischen Unstrut-Hainich-Kreis angereist. Der gelernte Krankenpfleger hat Gesundheitsmanagement studiert und ist ehrenamtlicher Bürgermeister seiner Heimatgemeinde sowie Projektleiter der Stiftung Landleben. Mit großem Engagement, Findungsgeist und kreativen Lösungen geht die Initiative seit 2010 im ländlichen Raum der Region Blankenburg, Kirchheilingen, Sundhausen, Tottleben und anderen angrenzenden Gemeinden neue Wege und entwickelt angesichts der älter werdenden Bevölkerung ein eigenes Gesundheits-, Pflege-und Versorgungsnetzwerk zur regionalen Wertschöpfungskette in der sozialen Daseinsvorsorge. Dabei hat das seit 2017 bestehende Teilprojekt „Landengel“ auch die Mobilität im Blick. Fahrten werden hier über einen Verein organisiert und finanziert. Einige Elemente des Konzeptes: Umgebaute Bushaltestellen dienen zusätzlich als sogenannte „Gesundheitskioske“ mit entsprechendem Informationsangebot, nötige Fahrten von mehreren Patienten zu Fachärzten werden zusammengefasst, und nicht unbedingt nötige Fahrten sollen künftig durch den Einsatz von Telemedizin vermieden werden.
„Es geht darum, gemeinsam neue Wege zu gehen und zu organisieren. Durch die Zusammenarbeit von Netzwerkpartnern lassen sich Durststrecken in der Versorgung gemeinsam schultern“, berichtete Kaufmann aus seiner Erfahrung. „Wichtig ist, eine ‚Kümmerei‘ aufzubauen, das Gesundheitssystem neu zu denken und Netzwerkstrukturen zu nutzen. Wir verstehen uns als Mittler, nicht als Konkurrenz zu anderen Anbietern.“
In Arbeitsgruppen wurde sogleich mit dem offenen Austausch begonnen, gemeinsam bestehende Herausforderungen diskutiert und nach neuen Lösungen gesucht, moderiert von Brigitte Herkert von der AfA – Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Altersforschung GmbH, München. Bei der Präsentation der Ergebnisse wurde deutlich, dass in einem ersten Schritt insbesondere das Informationsdefizit über bestehende Angebote in der Bevölkerung, bei Trägern und Einrichtungen angegangen und die Vernetzung gefördert werden sollen. Weitere wesentliche Herausforderungen stellen etwa der enge gesetzliche Rahmen zur Personenbeförderung dar sowie Kapazitätsengpässe bei Personen, die die Fahrten durchführen.
In kleineren Kreisen sollen nun interdisziplinär die Vernetzung und die Erarbeitung von Lösungen weitergehen. Leitstelle Pflege und Staatsministerium wollen den Informationsfluss und die Transfer-Arbeit unterstützen. „Ich bin optimistisch, denn wir haben gute Denker und wir sind gute Umsetzer“, so die Schlussworte von Alexandra Puchta, die allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihren Einsatz und die Mitarbeit dankte: „Das macht Mut und Hoffnung, dass wir etwas bewegen können.“