22. Dezember 2025
50 Jahre Rettungsleitstelle und Rettungszweckverband – Ein Rückblick mit Zeitzeuge Heinz Herzig

„Ich habe in meiner Jugend einen Erste-Hilfe-Kurs beim Roten Kreuz gemacht. Und seitdem war Helfen meine Sache. Ich wollte immer Menschen helfen.“ Und das hat er. Über Jahrzehnte hinweg hilft Heinz Herzig. Zunächst als ehrenamtlicher Rettungsassistent, bis er 1975 als Disponent in der Rettungsleitstelle Hof seinen Dienst beginnt.
Er ist ein Mann der ersten Stunden, steht zurückhaltend daneben, als Innenminister Dr. Bruno Merk am 13. November 1975 die Rettungsleitstelle in der Hofer Ernst-Reuter Str. mit einem „Funkruf an alle“ ihrer Bestimmung übergibt. Von hier aus werden fortan alle Kranken- und Unfalltransporte zentral gesteuert.
Hof ist die erste Leitstelle in Oberfranken. Nach Aschaffenburg, Würzburg und Schweinfurt die vierte in Bayern und damit eine Revolution im Rettungsdienst.
„Die Leitstelleneröffnung war eine Erleichterung für den ganzen Rettungsdienst“, erinnert sich Heinz Herzig der diese später, ab 1991 bis zu seinem Ruhestand 2004, als stellvertretender Leiter begleitet. „Transporte konnten dann zeitnah ausgeführt und Notfälle natürlich sofort weitergegeben werden. Das war ein erheblicher Vorteil. Bisher wurde über die Kreisverbände alarmiert, durch die Rettungsleitstelle ging alles viel schneller und wir konnten somit auch schneller bei Einsätzen und Patienten sein.“
„Wir“– das waren zu Beginn gerade einmal sechs Mitarbeiter, die den sogenannten 24 Stunden-Dienst schoben. „Zwei am Vormittag, zwei am Nachmittag und nachts eine Person“, für die es auch schon mal brenzlig werden konnte, wenn etwa die Blase gedrückt hat, man aber am Platz sein musste, weil „wenns geklingelt hat, dann musst man ja da sein“, sagt Heinz Herzig und schmunzelt.
Ruhiger wars damals freilich noch, aber die Rettungsleitstelle war nun zuständig für die kreisfreie Stadt Hof sowie die beiden Landkreise Hof und Wunsiedel mit einer Fläche von 1.542 Quadratkilometern und etwa 255.000 Einwohner. An technische Helfer, wie sie heute selbstverständlich sind, war in den 70er Jahren längst nicht zu denken.
„Wir mussten alles auf Zetteln aufzeichnen. Rote Zettel für Notfälle und grünen für normale Krankentransporte. Dort wurden Name, Adresse oder Unfallort und welches Fahrzeug den Patienten übernommen hat eingetragen.“ Akribisch wurde außerdem Protokoll über die zeitliche Abfolge des Einsatzes geführt. Handschriftlich, versteht sich.
50 Jahre später steht Heinz Herzig wieder in der Leitstelle. Mittlerweile ist der 83-jährige im Ruhestand. Auch seine ehrenamtlichen Tätigkeiten beim Rettungsdienst und als Kreiskolonnenführer hat er im hohen Alter schließlich schweren Herzens an den Nagel gehängt.
Heute ist er als letzter Zeitzeuge da. Bei der kleinen Feierstunde, zu der die beiden Landräte und die Oberbürgermeisterin geladen haben. Um zurückzuschauen, auf das was war und das was wurde.
Bis Ende 1973 beruhte der Rettungsdienst in Bayern vollständig auf der Freiwilligkeit der Hilfsorganisationen. Mit Inkrafttreten des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes am 1. Januar 1974 erhielt der Rettungsdienst erstmals eine gesetzliche Grundlage und wurde zur Aufgabe der kreisfreien Städte und Landkreise. Das war ein entscheidender Schritt, der zur Gründung des Rettungszweckverbandes Hof führte. Der Betrieb der zentralen Rettungsleitstelle wurde dem Bayerischen Roten Kreuz übertragen. „Das Rote Kreuz ist auch heute unser Partner, mit einem hervorragenden Team vor Ort“, sagt der Verbandsvorsitzende und Hofer Landrat Dr. Oliver Bär.
Die Leitstelle – seit 1998 am Hofer Alsenberg – ist mittlerweile (seit 2008) eine Integrierte Leitstelle, also für Rettungsdienst und Feuerwehr zuständig und seitdem unter der gemeinsamen Nummer 112 zu erreichen. Außerdem unterstützt sie bei Großschadenslagen und Katastrophen.
In dieser Zeit arbeitet Heinz Herzig unter anderem mit Harald Scherzer zusammen - ein weiteres Urgestein bei BRK. Auch er ist zur Feierstunde gekommen und erinnert sich gerne an die Zeit in der Leitstelle zurück: „Ich bin wirklich jeden Tag gerne in die Leitstelle gegangen, weil wir auch immer eine gute Gemeinschaft hatten. Einen klassischen Betriebsurlaub gab es bei uns nicht – den gibt es in der Leitstelle bis heute nicht. Auch an Weihnachten oder an Feiertagen lief der Dienst ganz normal weiter. Aber gerade an diesen Tagen hat man besonders gemerkt, wie eng der Zusammenhalt war. Dann haben wir uns im Dienst auch mal eine Gans gegönnt und Weihnachten gemeinsam hier in der Leitstelle verbracht.“
Die Gemeinschaft und das Miteinander sind geblieben. Aus den anfänglich sechs Mitarbeitern sind allerdings über die Jahre 34 hauptamtliche und 20 nebenamtliche Mitarbeiter geworden.
„Die Leitstelle, wie wir sie heute kennen, ist nicht mehr mit der von früher vergleichbar. Während damals Einsätze noch handschriftlich auf Zetteln erfasst wurden, kommt heute modernste Technik, Computer und Kommunikationssysteme zum Einsatz. Die Leitstelle gleicht eher einer Schaltzentrale, in der alle Informationen zusammenlaufen und wir Einsatzkräfte optimal steuern können. Das ermöglicht uns, noch schneller und präziser auf Notfälle zu reagieren“, erklärt Markus Hannweber, seit 2011 Leiter der Integrierten Leitstelle.
Rund um die Uhr sorgen bis zu 13 Disponenten dafür, dass Notrufe entgegengenommen und die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst effizient alarmiert werden. Täglich werden etwa 520 Not- und Anrufe koordiniert – circa 180 Einsätze gefahren. Zudem besteht eine direkte Verbindung zu den Polizeieinsatzzentralen, um in kritischen Situationen sofort und reibungslos reagieren zu können.
„Was hier in der Leitstelle 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr geleistet wird, verdient großen Respekt und Anerkennung“, sind sich die Hofer Oberbürgermeisterin Eva Döhla, der Wunsiedler Landrat Peter Berek und der Hofer Landrat Dr. Oliver Bär einig. „Sie alle haben – ob vor 50 Jahren oder heute in mitunter turbulenten und krisengeprägten Zeiten – eine sehr gute Arbeit und erstklassige Hilfe für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger geleistet. Dafür sind wir Ihnen sehr dankbar.“
Egal ob bei der Grenzöffnung 1989, dem verheerenden Unfall 1990 in der Münchberger Senke mit 10 Toten und 83 Verletzten, dem Schneechaos 2001 mit mehr als 130 Kilometern Stau auf der A9, dem Großbrand in der Rauschenhammermühle 2015, dem weiteren Busunfall bei Münchberg im Jahr 2017 mit 18 Toten und 30 Verletzten, mehreren Starkregenfällen oder auch während Corona – die Rettungsleitstelle war und ist erste Anlaufstelle und zuverlässiger Partner, wenn es um das Wohl der Allgemeinheit geht. Und es sind, damals wie heute, Menschen wie Heinz Herzig, ohne deren Engagement, auch über Dienstzeiten hinaus, diese Arbeit nicht möglich wäre. „Wenn man sich einmal dem Roten Kreuz verschreibt, dann ist man einfach voll dabei“, sagt Heinz Herzig, als wäre es ganz selbstverständlich.
Ist es aber nicht. Das weiß auch seine Frau Klara die ihn, ebenso wie seine drei Kinder, nur allzu oft entbehren musste: „Helfen, das war sein Leben. Das ging auch immer vor. Wenn er aus der Leitstelle kam, dann gings mit dem Ehrenamt weiter. Da musste auch alles parat hängen, was er anziehen wollte. Uniform und Hemd gebügelt. Aber ich durfte halt dann auch mit, wenn irgendwo eine Feier war. So wie heute. Das war dann auch schön.“








